Westdeutsche Zeitung über Etwas für lange Zeit

Westdeutsche Zeitung, 19.08.06

Zwischen Krankheit und Lebensmut

Die Düsseldorfer Studentin Gesa Hollerbach ist mit ihrem Abschlussfilm für den Nachwuchspreis First Steps nominiert.

Düsseldorf. Als Gesa Hollerbach im vergangenen Jahr ein Thema für den Abschlussfilm ihres Studiums für Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Düsseldorf suchte, waren ihre Gedanken die meiste Zeit bei ihrer Familie. Fest stand nur, sie wollte einen Dokumentarfilm drehen. Warum also nicht über das, was sie ohnehin beschäftigte: Die Lebertransplantation ihrer Mutter und das Leben danach. “Ich habe lange überlegt, ob ich ein so persönliches Thema nehmen soll, und meine Eltern gefragt. Schließlich sollte der Film ja von ihnen handeln. Meine Mutter fand die Idee gleich gut. Mein Vater musste sich erst dran gewöhnen”, sagt die 28-jährige Kölnerin.

Gesagt, getan. Ein halbes Jahr lang begleitete die Tochter ihre Eltern mit der Kamera egal, ob zu Hause oder im Krankenhaus. Immer unter der Bedingung: “Wenn sich etwas Schlimmes entwickelt, wird das nicht ausgeblendet.” Herausgekommen ist ein etwa 30-minütiger Dokumentarfilm darüber, wie die Familie versucht, nach der schweren Krankheit der Mutter wieder ins Leben zurück zu finden. Sensibel und nah zeigt Hollerbach, wie der Vater (“Kranksein gehört zum Leben dazu”) liebevoll seine Frau unterstützt und begleitet, und ihre Mutter sich trotz Rückschlägen ihren rheinischen Lebensmut bewahrt.

Gerademal 660 Euro hat das erste große Projekt der Dokumentarfilmerin gekostet. Doch dank aufwändiger Drehweise und raffiniertem Schnitt merkt man es dem Film nicht an. “Ich habe immer versucht, Situationen und Gespräche herauszuarbeiten, schon beim Drehen. Damit es nachher so aussieht, als hätte ich mehr als eine Kamera zur Verfügung gehabt. Ich wollte, dass auch der Zuschauer ganz nah dabei ist.” Viel gelernt hat Hollerbach von ihrer Lehrerin Britta Wandaogo. Die Kölner Dokumentarfilmerin hat überhaupt erst durch einen Kurs an der Fachhochschule die Begeisterung Hollerbachs fürs Selbst-Filmen geweckt.

Die Mühen haben sich gelohnt: Gesa Hollerbach hat nicht nur ihren Abschluss in der Tasche, sondern ist mit “Etwas für lange Zeit”, so der Titel des Films, obendrein noch für den Deutschen Nachwuchspreis First Steps nominiert. Ob sie am Dienstag bei der Verleihung in Berlin mit dem Preis nach Hause geht, darüber wagt sie nicht zu spekulieren. “Es ist schon ein totales Glück, überhaupt nominiert zu sein.”

INFOS

First Steps – Der Deutsche Nachwuchspreis” ist seit dem Jahr 2000 einer der renommiertesten Wettbewerbe für Abschlussfilme aus deutschsprachigen Ländern.

Eine unabhängige, prominent besetzte Jury wählt aus etwa 200 Einreichungen jährlich die interessantesten Filme aus. In die Auswahl kommen Filme in allen Längen, Genres und Formaten. Der beste Dokumentarfilm erhält 12 000 Euro.

Die Verleihung des diesjährigen Preises findet am kommenden Dienstag in Berlin statt.

Von Nele Cent
Kultur in Düsseldorf