Westdeutsche Zeitung über Eigen Artige Kinder

Westdeutsche Zeitung, 13.10.2006

Diakoniefilm: Die Welt von Mika verstehen

Düsseldorf. Manche Kinder verhalten sich anders als Gleichaltrige. Sie zappeln herum, konzentrieren sich nicht. Der Diakoniefilm “Eigen Artige Kinder” hilft sie zu verstehen. Mika besucht die Tagesgruppe der Diakonie. Dort lernt er wie man Hausaufgaben macht und ein Hemd zuknöpft.

Mika (6) sitzt an einem kleinen Holztisch, starrt nervös auf das Aufgabenblatt in seinem blauen Schnellhefter, brummelt unvollständige Sätze. Dann springt er auf, rennt in einem engen Kreis herum. Setzt sich kurz wieder. Plötzlich muss er Verstecken spielen – die Konzentration ist weg. Vergessen sind die Hausaufgaben. Mika verhält sich auffällig anders, seine Wahrnehmung ist gestört. Er spielt eine der Hauptrollen im neuen Düsseldorfer Diakonie-Film „Eigen Artige Kinder“ von Gesa Hollerbach. Der soll helfen Kinder, wie Mika, besser zu verstehen und ist ab November für circa 15 Euro erhältlich.

In den letzten Jahren gibt es immer mehr „eigen Artige“ Kinder, meint Ulrike Bavendiek, Leiterin der Heilpädagogik der Diakonie. Torben Bruhn, Mitarbeiter der Diakonie-Tagesgruppe, führt dies insbesondere auf den steigenden Druck in der Schule und in den Medien zurück. Der löse einen enormen Stress aus. Warum sich manche Kinder anders verhalten, ist noch nicht sicher. Wahrscheinlich sei der Defekt in einer Hirnregion ursächlich dafür, so Bruhn. Eltern müssten erkennen, dass sie keine primäre Schuld trifft. Zudem verhalten sich nicht alle Kinder mit einem solchen Defekt automatisch auffällig. Erst eine ungünstige Umwelt, etwa zu viel Fernsehen, lässt ein Kind mit Disposition zum Zappelphilipp werden.

Kinder wie Mika sind verträumt, können nicht richtig aufpassen, Situationen schlecht einschätzen und nur schwer Blickkontakt halten – es mangelt ihnen an sozialer Kompetenz. Besonders unter vielen Kindern haben sie deshalb Probleme. Außerdem haben sie eine „eigen Artige Strategie, selber zur Ruhe zu kommen“, erklärt Bruhn: „Unter Strom stehen“ nennt er es. Zappeln und mit den Armen rudern diene ihnen dazu, ihren Körper zu spüren und ein Gleichgewicht herzustellen. Viele der verhaltensauffälligen Kinder trauen sich nur wenig zu und sind teilweise regelrecht verzweifelt: „Hab endlich die Schnauze voll vom Üben. Das schaff ich gar nicht“, ruft Mika.

Verhaltensauffällige Kinder müssen sich das hart erarbeiten, was Gleichaltrige viel früher spielend gelernt haben. „Das wächst sich nicht von selbst aus“, räumt Heike Keller von der Heilpädagogik der Diakonie mit dem Rat einiger Kinderärzte auf. Solche Kinder schon im Kindergartenalter zu fördern und gemeinsam mit ihnen Defizite aufzuholen ist das A und O und erhöht die Chancen auf ein unauffälliges Verhalten. Dazu dient unter anderem die Tagesgruppe und die Heilpädagogische Ambulanz der Diakonie. Hier lernen die Kinder ihre Schmerzgrenze kennen, lernen Gefühle zu beschreiben, mit der Fernbedienung umzugehen. Ein „Du schaffst es“-Buch motiviert Mika und erinnert ihn an seine Trainingsvorhaben.

Von Daniela Godau